Fazit Iran

Ueber die Iraner, in absteigender Reihenfolge der Gewichtung (Haeufigkeit der Nennung, Ausdruck), meine Aufffassung:
– Die Iraner sehen sich als ein Volk. Deutlich ausgepraegter als mir das in Europa aufgefallen ist. Gilt auch fuer die durchfahrenen Regionen „Kurdistan“ und „Aserbaidschan“ (die Region im Iran, nicht das (visumspflichtige) Land).
– „Welcome to Iran“. Nicht nur tausendfach ausgesprochen sondern gelebt!
– Die Iraner/Menschen werden von der Regierung unterdrueckt. Statt ans eigene Volk denkt die Regierung nur an die militaerischen Gegner. Mit grossen Auswirkungen auf das taegliche Leben im Iran (z.B. Situation der Frauen allgemein oder das Recht auf Meinungsfreiheit im Speziellen) und insbesondere den Wohlstand. Daran aendern wird sich so schnell nichts, weil die Kultur so ist, dass zuerst fuer die Familie geschaut wird – die Freiheit folgt erst viel spaeter.
– Den Iranern ist die Meinung der Welt ueber sie eminent wichtig. Auch werde ich staendig gefragt, ob die anderen Iraner auch nett zu mir seien.

Iran als Land:
– sehr schoene und abwechslungsreiche Landschaft.
– DER Negativpunkt: Die Strassen sind oft von einem Abfallstreifen gesaeumt. Ueberhaupt liegt ueberall Muell. „Entsorgung“ habe ich nur ein paar Mal in Form von Deponien gesehen, uebrigens stets eine Hundehochburg. Fuer das Velofahrerego hat das auch einen positiven Aspekt: Auch ohne Bewuchs laesst sich die Windrichtung jederzeit zweifelsfrei anhand eines Plastikteils feststellen. 😦
– Verkehrsschilder, Strassenmarkierungen und Lichtsignale sind im krassen Ueberfluss vorhanden und finden (logischerweise) keine Beachtung. Beispiel, hundert Mal gesehen: eingangs von einem Kaff neben (vielen) anderen eine Tafel „Ampel“, 20-50m spaeter nochmals „Ampel“, die Ampel mit drei rot blinkenden Lichtern mit je 30-40cm Durchmesser (kilometerweit sichtbar) folgt weitere 20-50m spaeter. Alles ohne Kreuzung versteht sich. Lustig fand ich folgende Tafel in der Naehe von Bijar: Verbot „100m“ – keine Ahnung was das bedeuten soll, nach 100m fand sich nichts Nennenswertes.
– Die tausenden Temposchwellen sorgen nicht (wirklich) fuer geringeres Tempo sondern fuer eine erhoehte Gelaendegaengigkeit und ggf. Beschleunigungsfaehigkeit der Fahrzeuge, ob sinnvoll oder nicht will ich nicht werten. Oftmals sind sie mit den schmalen Velopneus gut zu durch-/umfahren.
– Doerfer/Haeuser sehen oftmals trostlos bis komplett verlottert aus. Mehrmals wurde mir gezeigt, was fuer Paradiese/Palaeste sich hinter/unter den „Lehmhaufen“ befinden.
– Englisch ist schriftlich mehr vorhanden (z.B. Wegweiser, Nahrungsmittel, Geldscheine(die persischen Zahlen kann ich immer noch nicht zweifelsfrei, waere nicht schwer)) als muendlich. Haeufigere Fremdsprachen sind arabisch, tuerkisch und kurdisch. Englisch gesprochen habe ich hauptsaechlich mit Akademikern, die auch entweder ueber(europaeisch)durchschnittlich vorhanden oder auslaenderkontaktfreudig sind.
– Das Wetter ist keinesfalls nur wüstenheiss. Auch als ich das „hohe Gebirge“ laengst hinter mir hatte zeigten sich oftmals Schneereste, auch direkt an der Strasse. Zweite Aprilhaelfte.
– Mit 10-20 Dollar pro Tag laesst es sich hier als Velofahrer gut (ab und zu Hotel und Restaurant) leben. Ein moeglichst abgeranztes Aeusserliches ist (leider) oftmals angenehmer. Verdrecktes Velo, verloechertes TShirt, Schmutzseite der Unterlagsmatte aussen/oben, kaputt aussehendes Display vom GPS oder dieses gleich in der Tasche und Abschuerfungen an den Taschen: Sieht fuer viele verstaendlicherweise immer noch als „reicher Mann“ aus. Auch wenn ich die Leute verstehe: Manchmal seid ihr einfach nur laestig.

Kleinigkeiten, die mir gerade spontan einfallen.
– Zum Glueck habe ich zu Hause eine Karte gekauft. Mir wurden zwar auch hier unzaehlige Mal Landkarten angeboten (als Geschenk natuerlich), allerdings ausschliesslich mit von mir nicht lesbaren persischen Ortsbezeichnungen.
– das staendige Gehupe (ausserorts ~50%) drueckt (mir) hoechstens noch aufs Gehoehr. Das Gemuet gewoehnt sich ziemlich schnell daran und erschrecken tut einen so eine volle Droehnung (woertlich) auch bald nicht mehr. Mit dem Partikelausstoss insb von Lkw (mit Auspuff rechts oder entgegenkommend oder je nach Wind) und Motorrraedern sieht das anders aus: scheusslich!!
– Wenn Iraner von Alkohol reden, verwenden sie ausschliesslich das Wort „Whiskey“. Davon gibt es hier (wahrscheinlich) keinen. Ihnen wahrscheinlich nicht bewusst: eine mir geschenkte Melone hatte auch einen gewissen Alkoholgehalt, ebenso eine gekaufte Kiwi… Das getrunkene iranische (alkoholfreie) Bier war geschmacklich ein (Sued-)Fruchtsaft, lecker!
– zum Glueck bin ich Schwarzteetrinker
– Was mich gestoert hat: Verkehr (Gefahr, Laerm, Gestank), Abfall, Hunde (ausser den Verwesenden und dem Angeleinten (1!)), Armut, WC-Papier habe ich erst am letzten Tag zu kaufen gesehen
– nur einen anderen Veloreisenden gesehen/getroffen, am letzten Tag
– Internet ist sehr teuer (Roaming, dann einwandfrei) oder unzuverlaessig und natuerlich wie alle Medien zensiert (WLAN Hotel)
– alle Lieferwagen sind blau und es gibt nur ein Modell (in div. Ausfuehrungen). Die Belastungsgrenze wird empirisch festgelegt.
– Meine paar Reifenpannen scheinen im Durchschnitt aller Fahrzeuge im Iran zu sein.
– Es gibt entlang der Strassen mehr Werkstaetten als Lebensmittellaeden.
– Swisscom hat einen Roamingvertrag mit MTN Irancell. Teuer aber sehr praktisch.

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